Wehrpflicht in Russland oder
warum Zivildienst keine Alternative für Wehrpflicht in Russland ist.


Russische Armee: Streitkräfte - Teil 1, Wehrpflicht - Teil 2
Wehrpflicht in Russland

Jeder Mann in Russland ist zwischen 18 und 28 Jahren wehrpflichtig in Russland. Jährlich werden mehr als 300.000 junge Russen zu einem zweijährigen Militärdienst einberufen.

Nach Volkstradition wird sich von den jungen Männern verabschiedet. Besonders in den Dörfern wird eine Abschiedsfeier veranstaltet, die "проводы" (Abschied) genannt wird. Zu anderen festlichen Ereignissen gehört auch der Fahneneid, der von den jungen Rekruten am Anfang des Wehrdiensts abgelegt wird.

Военная присяга (Fahneneid)
Я, (фамилия, имя, отчество), торжественно присягаю на верность своей Родине - Российской Федерации.
Клянусь свято соблюдать ее Конституцию и законы, строго выполнять требования воинских уставов, приказы командиров и начальников.
Клянусь достойно выполнять воинский долг, мужественно защищать свободу, независимость и конституционный строй России, народ и Отечество.

Die Wehrpflicht dauert in Russland zwei Jahre. Nach einem halben Jahr können die jungen Soldaten bereits in Kriegsgebiete geschickt werden. Wenn sie als Invaliden zurückkehren, ist das Militär für sie nicht mehr zuständig - sie haben kaum eine Zukunft.
Misshandlungen in der russischen Armee

Die russische Armee verlangt von ihren Soldaten eiserne Disziplin. Bekannt ist, dass Offiziere ihre Untergebenen häufig misshandeln. Misshandlung in der Armee ist einer der Gründe, warum jährlich ca. 3000 russische Soldaten sterben. (nicht in Kampfeinsätzen).

Immer wieder desertieren Soldaten, weil sie dem Druck in der Truppe nicht mehr standhalten. Das ist einer der Hauptgründe, warum Eltern versuchen alles zu tun, nur um ihre Söhne von der Armee freizukaufen (was illegal ist).

Die traditionelle Misshandlung der Armee-Neulinge durch die Dienstälteren nennt man auf Russisch "Dedowtschina". Dieser Begriff ist Anfang des Jahres 2006 durch den schrecklichen Fall von Andrej Sytschow wieder in der internationalen Presse aufgetaucht. Das Dramatische an dieser Geschichte: Sie ist kein Einzelfall. Desertierende, amoklaufende Soldaten: Das kommt in Russland leider allzu häufig vor. Für die Russen ist der Begriff "Dedowtschina" leider nicht neu: angefangen hat es in den 80er Jahren. Die Formen von Dedowtschina werden immer schlimmer und schrecklicher.

Das Offizierskorps und die russische Regierung haben bislang jedoch keine entscheidenden Schritte gesetzt, um die Misshandlungen zu beenden.

Entwicklung von Dedowschtschina

In der russischen Armee zwingen dienstältere Soldaten junge Rekruten im ersten Dienstjahr zu einem Leben in sinnloser Knechtschaft, bestrafen sie gewaltsam für Verstöße gegen formelle oder informelle Regeln (wie z.B. Stiefelpolieren bis zum Beschaffen von Essen oder Alkohol) und misshandeln sie grundlos. Rekruten im ersten Jahr verbringen ihre meiste Zeit damit, die Forderungen der Großväter (auf Russisch ausgesprochen [djedy]), zu erfüllen. Ein Nichterfüllen hat routinemäßig Prügel oder eine andere körperliche Bestrafung zur Folge, die gewöhnlich dann ausgetragen werden, wenn die Offiziere die Kasernen verlassen haben.

Nachdem sie im ersten Dienstjahr schreckliche Misshandlungen erleiden, "rächen" sich die Soldaten im zweiten Dienstjahr, indem sie dieselben Gräueltaten der nächsten Generation von Rekruten antun.

Die große Mehrheit der Offiziere ignoriert entweder Hinweise auf solche Misshandlungen oder fördern sie sogar - in der Überzeugung, die Dedowschtschina sei ein wirksames Mittel, die Disziplin in ihren Reihen aufrecht zu erhalten.

Die Tatsache, dass die Dedowschtschina in einigen Einheiten überhand nimmt, in anderen jedoch beinahe fehlt, zeigt, dass Misshandlungen verhindert werden können, wenn die Offiziere gewillt sind, sie zu beenden.

Wie von der Armee freigekauft wird.

Aufgrund von Horrorgeschichten über die Dedowschtschina versuchen jedes Jahr zehntausende russische Eltern, den Militärdienst von ihren Söhnen abzuwenden.

Russische Eltern fürchten um das Leben ihrer Söhne in der Armee und zahlen hohe Schmiergelder (der Satz in Moskau ist ca. 5000 Dollar), um ihnen den zweijährigen Wehrdienst zu ersparen. Eine andere Möglichkeit der Armee zu entgehen ist ein Studienplatz zu erhalten, da Studenten freigestellt sind. Ein Studium anzufangen kostet aber in Russland auch viel und es kann sich nicht jeder leisten. Nicht billiger, aber auch möglich, ist es einen Arzt aufzusuchen, der eine gefälschte Krankheitsbescheinigung ausstellt, damit der junge Mann von der Armee befreit werden kann.

Darum geht es auch in dieser russische Karikatur:

Lerne, oder... dieser Tag ( 23. Februar, Tag der Verteidiger der Heimat) ... wird dein professioneller Feiertag sein.
Die Karikatur stammt von www.mail.ru und kann als E-Card verschickt werden.

Ergebnis: Da reiche und gebildete Familien dabei am meisten Erfolg haben, beziehen die Streitkräfte ihre Rekruten mehr und mehr aus ärmeren Bevölkerungsschichten. Viele junge Rekruten leiden bevor sie eingezogen werden unter Unterernährung, Alkohol- und Drogenabhängigkeit oder anderen sozial bedingten Krankheiten. Während ihres Militärdienstes sind die Rekruten weiteren physischen und psychischen Misshandlungen ausgesetzt und leiden unter schlechter Ernährung und medizinischer Versorgung, was zu niedriger Moral führt.

Zivildienst

Zivildienst oder auf Russisch альтернативная гражданская служба, kurz АГС, ist ziemlich neu für Russland und unterscheidet sich sehr von der in Deutschland bekannten Form.

Seit dem Jahr 2004 ist das Gesetz in Kraft getreten, aber es ist immer noch nicht verbreitet. Nach diesem Gesetz erhalten russische Wehrpflichtige die Möglichkeit eines zivilen Ersatzdienstes, wenn sie ihre Gewissensentscheidung glaubhaft machen können. Zivis können den Einsatzort nicht selber aussuchen und sie sind meistens von ihren Heimatsorten entfernt, wo sie in kasernenähnlichen Unterkünften leben müssen.

Wenn Zivis ihren Ersatzdienst in zivilen Positionen innerhalb der Armee ableisten, dauert dieser Dienst drei Jahren, für nicht-militärische Institutionen 4 Jahren, was zwei mal so lange ist wie die reguläre Wehrpflicht. Die offizielle Begründung ist: Ein Rekrut tut sein Dienst 16 Stunden täglich, ein Zivildienstleistender nur acht.

So sieht ein Zivildienst eher wie eine Art Strafe aus. Kein Wunder, dass diese Form keine tatsächliche Alternative für den Wehrdienst ist und die Eltern weiterhin versuchen, ihre Söhne freizukaufen.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema "Dedowtschina" auf Deutsch:
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Tschetschenien. Die Wahrheit über den Krieg Der Krieg im Schatten. Russland und Tschetschenien.
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Zum Schluss noch Wörter zum Thema "Wehrpflicht"


Auf Russisch Einfache Aussprache Erklärung
служба[sslushba]Wehrdienst
военная служба[wajennaja sslushba]Wehrdienst
гражданская служба[grashdansskaja sslushba]Zivildienst
служить в армии[sslushyt' warmii]bei der Armee sein
служить на флоте[sslushyt' na floti]bei der Marine dienen
солдат[ssaldat]Soldat
призывник[prisywnik]Rekrut
проводы[prowady]Abschiedsfeier
военная присяга[wajennaja prissjaga]Fahneneid
приносить присягу[prinassit' prissjagu]einen Eid ablegen
призвать на военную службу[priswat' na wajennuju sslushbu]zum Wehrdienst einberufen
военнообязанный[wajenaabjasannyj]der Wehrpflichtige
казарма[kasarma]Kaserne
гауптвахта[gauptwachta]Arrestanstalt
Ты служил в армии?[ty sslushyl warmii]Hast du gedient (bei der Armee)?
Когда (где) ты служил?[kagda (gdje) ty sslushyl]Wann (wo) hast du gedient?
В каких войсках ты служил?[fkakich wajsskach ty sslushyl]In welcher Truppe hast du gedient?
военные подразделения[wajennyi padrasdiljenija]Militärische Einheiten
рота[rota]Kompanie
батальон[batal'jon]Bataillon
полк[polk]Regiment
дивизия[diwisija]Division
танковая дивизия[tankawaja diwisija]Panzerdivision
воинская часть[woinsskaja tschjass't']Truppenteil
войска[wajsska]Truppe
пехота[pichota]Infanterie
артиллерия[artiljerija]Artillerie
воздушно-десантные войска (ВДВ)[wasdushna-dissantnyi wajsska]Luftwaffe und Luftlandekräfte
военно-морской флот (ВМФ)[wajennamarsskoj flot]Marine

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