In der Serie "Russisch und andere slawische Sprachen" erfahren Sie, welche Sprachen zu der slawischen Sprachfamilie gehören (Teil 1), woher die Namen Russland, Weißrussland und Ukraine stammen (Teil 2), die Geschichte der drei ostslawischen Völker (Teil 3) sowie die Grundlagen und Geschichte der ukrainischen (Teil 4) und weißrussischen (Teil 5) Sprache.

Am Ende jedes Teils finden Sie einen kleinen, aber sehr nützlichen Wortschatz auf Russisch, Ukrainisch und Weißrussisch sowie das weißrussische und ukrainische Alphabet.

Teil 4 - Die ukrainische Sprache

Geschichte, Grundlagen der ukrainischen Sprache und Status der russischen Sprache in der Ukraine.
Ukrainisch ist eine schöne Sprache.

Ukrainische Sprache Das kann man von fast jeder Sprache sagen. Aber Ukrainisch ist wirklich sehr melodisch. "Ñïiâó÷à ìîâà" [sspiwutscha mowa] (melodische Sprache) - so nennen die Ukrainer ihre Muttersprache.

Das Ukrainische ist traditionell stark in Dialekte zergliedert. Es lassen sich drei Hauptgruppen unterscheiden, die nördlichen, südwestlichen und südöstlichen Dialekte. Letztere wurden zur Basis der modernen ukrainischen Schriftsprache.

Es wird auch in kyrillischer Schrift geschrieben, das Zeicheninventar unterscheidet sich aber ein wenig von dem der russischen Sprache. Hier finden Sie eine ausführliche Beschreibung des ukrainischen Alphabets.

Die Leseregeln sind viel einfacher als im Russischen - man liest einfach die Buchstaben so, wie sie dastehen, es gibt keinen Unterschied zwischen betonten und unbetonten Positionen, keine besonderen Buchstabenverbindungen usw.

Vergleich mit Russisch, Weißrussisch und Polnisch.

Das Ukrainische steht in seiner Struktur dem Russischen und Weißrussischen sehr nahe, allerdings mit deutlichen Unterschieden im Vokal- und Konsonantensystem (s. "Ukrainisches Alphabet").

In der Lexik zeigt sich sehr stark der Einfluss des Polnischen. So heißt tschas auf Ukrainisch und Polnisch "Zeit", während es im Russischen "Stunde" bedeutet. Stunde heißt auf Polnisch "godyna" und auf Ukrainisch "hodyna". Entsprechend sieht es auch bei den Namen der Wochentage und Monate aus.

Russisch-ukrainische Symbiose oder "Sprechen Sie ssurshyk"?

Die Leute aus der Ukraine können selber schwer beurteilen, ob die ukrainische Sprache der russischen Sprache sehr ähnlich ist oder nicht. Die Ukrainer haben sich daran gewöhnt, in der Umgebung der zwei "Sprachen" zu wohnen und verstehen auch beide ziemlich gut, obwohl sie in beiden Fehler machen. Besonders betrifft dies den östlichen Teil der Ukraine, wo sogar eine Mischung aus den beiden Sprachen Russisch und Ukrainisch einen eigenen Namen bekam: "surshyk". Die Leute, die surshyk sprechen, halten dies für die ukrainische Sprache.

Die ukrainische Sprache und auch die Einstellungen zur ukrainischen Sprache sehen ganz anders aus, wenn man Gelegenheit hat, sich mit jemandem aus der ukrainischen Diaspora zu unterhalten, der mit Ukrainisch, aber ohne russischen Einfluss, aufgewachsen ist. Die Leute aus der ukrainischen Diaspora (in Kanada (etwa 700 000), Argentinien, Brasilien und Australien) sprechen zwar Ukrainisch (oft wie die zweite Muttersprache), verstehen aber überhaupt kein Russisch und können auch kaum mit dem "Ssurshyk" etwas anfangen.

Russisch in der Westukraine

Lemberg Die Tatsache, dass der westliche Teil der Ukraine in der Geschichte sich unter polnischem Einfluss entwickelt hat und der östliche Teil viel länger unter der Herrschaft Russlands und der damit verbundenen Russifizierung war als der westliche Teil, bringt heute bekannte Unterschiede in der Ukraine hervor - die Westukraine ist katholisch und ukrainischsprachig, die Ostukraine ist orthodox und russischsprachig. Es sind leider nicht nur Unterschiede, sondern dies führt auch zu nationalistischen Bewegungen. Der stark entwickelte Nationalismus des westukrainischen Volkes führt auch in den postsowjetischen Zeiten zu Problemen inklusive Schlägereien und auch Mordfällen.

Russisch ist in den Westgebieten nicht besonders willkommen.

(Auf dem Foto: Lemberg (Lvov), die Stadt in der Westukraine)

Russisch in der Ostukraine
Krim Für viele Leute aus der Ostukraine und der Krim ist Russisch nicht nur verständlich, sondern auch die Muttersprache, d.h. man unterhält sich zu Hause und in Geschäften auf Russisch, denkt und schreibt auf Russisch. Die Gründe liegen nicht nur in der starken Russifizierung dieses Gebietes, sondern auch darin, dass teilweise die Städte von Russen im 18.-19. Jahrhundert besiedelt und teilweise auch gebaut wurden (Odessa, Nikolaew, Krim). Heute sind die Russen besonderes stark auf der Krim vertreten, wo sie die Mehrheit bilden, und im nordöstlichen und östlichen Teil der Ukraine.

(Auf dem Foto: Krim, Schwarzes Meer)

Politik und Sprachenfragen in der postsowjetischen Ukraine

Die Sprachenfrage ist ein Hebel für Russland, um in der Ukraine ebenso wie in allen anderen Nachbarstaaten mit russischen und russischsprachigen Minderheiten seinen Einfluss geltend zu machen. Bereits seit 1992 gehört der Schutz der Auslandsrussen im nahen Ausland, d.h. den um Russland gruppierten Staaten der ehemaligen Sowjetunion, zur russischen Politik. Die russische Seite hatte in dem Jahrzehnt seit der ukrainischen Unabhängigkeit wenig Gelegenheit, über Diskriminierungen ihrer russischsprachigen Schutzbefohlenen zu klagen.

Einen Anlass bot ihr die Entscheidung des Verfassungsgerichtes der Ukraine zu Beginn des Jahre 2000, die besagte, dass Maßnahmen der Regierung zur Durchsetzung des Gebotes, im amtlichen Rahmen die ukrainische Sprache zu verwenden, rechtens seien.

Russisch als regionale Amtssprache

Trotz des Gesetzes, wurde Russisch in der Ostukraine und auf dem Krim gesprochen. Ukrainisch wurde nur als Amtssprache verwendet. Aber auch in den Schulen wurde Russisch sehr selten als Fach angeboten. Das hat wenigen in der Ostukraine gefallen. Das Versprechen Russisch wieder zur (zweiten) Amtssprache zu machen, brachten im Jahr 2010 Viktor Janukowitsch zur Macht. Im Jahr 2012 wurde das sehr umstrittene Sprachgesetzt verabschiedet. Viele Stadt- und Gebietsräte durften seit Sommer 2012 Russisch zur regionalen Amtssprache erheben. Das Gesetzt war nicht gut genug durchgedacht und viele befürchteten, dass so ein Gesetzt zur Föderalisierung oder sogar Zerfall des Landes bringen könnte.

Die erste Stadt, die Russisch als regionale Amtssprache eingeführt hat, war Odessa. Danach folgte Lugansk. Die Autonome Republik Krym hat damals erst in 2 Monate Russisch als regionale Amtssprache eingeführt.

Russisch als politisches Instrument des Putins Russlands

Als am 21.November 2013 Euromaidan - die Proteste und Demonstrationen in der Hauptstadt der Ukraine, Kiew - angefangen haben, hat die russische Regierung mit der heftigen Propaganda gegen die Protestanten reagiert. Das hat dazu gebracht, dass die neue ukrainische Übergangsregierung, die in Folge von diesen Protesten gebildet wurde, sich von Russland distanziert hat.

Im Februar 2014 hat das neue ukrainische Parlament beschlossen eine Reihe von Gesetzesänderungen durchzuführen. Unter anderem hat die Übergangsregierung verkündigt das umstrittene Gesetzt über Russisch (und andere Minderheitssprachen) als regionale Sprachen durch einen anderen Sprachgesetzt zu ersetzten. In den offiziellen russischen Medien wurde es propagandistisch dargestellt, dass Russisch in der Ukraine komplett verboten wird. Das hat zu vielen Unruhen geführt.

Außerdem wurde durch russische Medien wiederholt berichtet, Ostukraine, und vor allem Krim, sei durch die für den Umsturz in Kiew angeblich verantwortlichen Faschisten und Extremisten bedroht. Russische Regierung sprach von einer realen Gefahr für die russischen Interessen in der Ukraine. Auch seien "Leben und Gesundheit unserer Landsleute" in der Ukraine in Gefahr.

Um die russische Propaganda zu verringern, wurde vier führende staatliche russische Sendungen im März 2014 in der Ukraine abgeschaltet. Diese Entscheidung war ein Schutz gegen Propaganda und hatte nichts mit dem Verbot der russischen Sprache bzw. russisches Fernsehen in der Ukraine zu tun.

Ukraine ist mehrsprachig und einheitlich"

Ukraine einheitlich Am Anfang des Jahres 2014 wurde in der Ukraine viele Aktionen unter dem Motto "Украина многонациональна и едина" durchgeführt. So z.B. um die Einheit der Westukraine mit dem eher Russisch sprechenden Osten und Süden der Ukraine zu demonstrieren, fand in Lemberg folgende Aktion statt: Man hat in Lemberg den ganzen Tag nur Russisch gesprochen. Auch in einigen ostukrainischen Städten, wo man gewöhnlich Russisch spricht, wurde teilweise an den bestimmten Tagen nur Ukrainisch geredet.

Interessante Links:
Diese schöne Fotosammlung   vermittelt Ihnen einige Eindrücke über Kiew (vor Euromaidan).
Wortschatz für alle Fälle - Ukrainisch, Weißrussisch und Russisch

Und jetzt ein paar nützliche Redewendungen in allen drei Sprachen. Die Aussprache der russischen Redewendungen mit den Audiobeispielen finden Sie auch in der Rubrik "Erste Wörter."

(S. auch das ukrainische oder weißrussische Buchstaben und Alphabet)

Wie geht es?

Russisch Weißrussisch Ukrainisch Deutsch
×òî íîâîãî?
[schto nowawa]
Øòî íîâàãà?
[schto nowaha]
Ùî íîâîãî?
[schtschjo nowoho]
Was gibt’s Neues?
Êàê æèâ¸òå?
[kak shywjoti]
ßê æûâÿöå?
[kak shywjaze]
ßê ñÿ ìàºòå?
[jak sja majete]
Wie geht's?
Ñëàâà Áîãó, âñ¸ õîðîøî.
[sslawu bogu fssjo charascho]
Äçÿêóé Áîãó, óñ¸ äîáðà.
[dsjakuj bogu , ussjo dobra]
Ñëàâà Áîãó, âñå äîáðå!
[sslawa bogu, wsse dobre]
Gott sei Dank, alles ist gut!
Íè÷åãî. / Íîðìàëüíî.
[nitschiwo / narmal'na]
Íi øòî ñàáå.
[ni schto ssabje]
ͳ÷îãî. / Íîðìàëüíî.
[nitschoho / normal'no]
Es geht!
È ó ìåíÿ òîæå âñ¸ íåïëîõî.
[i u minja toshy wsjo niplocha]
I ¢* ìÿíå òàêñàìà *¢ñ¸ íÿáëàãà.
[i u mjanje takssama ussjo njablacha] *
 ìåíå òåæ óñå äîáðå.
[wmene tesh use dobre]
Und mir auch!

Bekanntschaft

Russisch Weißrussisch Ukrainisch Deutsch
ß õî÷ó ïîçíàêîìèòüñÿ ñ âàìè.
[ja chatschju pasnakomiza sswami]
ß õà÷ó ïàçíà¸ìiööà ç âàìi.
[ja chatschju pasnajomiza swami]
ß õî÷ó ïîçíàéîìèòèñÿ ç âàìè.
[ja chotschu posnajomytyssja swamy]
Ich möchte Sie kennen lernen.
Ïðèÿòíî ïîçíàêîìèòüñÿ
[prijatna pasnakomiza]
Ïðûåìíà ïàçíà¸ì³ööà
[pryjemna pasnajomiza]
Ðàäà ç âàìè ïîçíàéîìèòèñÿ
[rada swamy pasnajomytyssja]
Ich freue mich, Sie kennen zu lernen.
Ìåíÿ çîâóò Àëåêñàíäð.
[minja sawut alikssandr]
Ìÿíå çâàöü Àëÿêñàíäð.
[mjanje swaz' aljakssandr]
Ìåíå çâàòè Îëåêñàíäð.
[mene swaty olekssandr]
Ich heiße Alexander.
Êàê çâàòü òâîåãî äðóãà?
[kak swat' twaiwo druga]
ßê çàâåööà òâîé ñÿáðà?
[jak sawjeza twoj sjabra]
ßê çâàòè òâîãî äðóãà?
[jak swaty twoho druha]
Wie heißt dein Freund?
Ó ìåíÿ åñòü ñåìüÿ.
[u minja jesst' ssim'ja]
ß ìàþ ñÿì’þ.
[ja maju ssjam'ju]
 ìåíå º ñ³ì’ÿ.
[wmene je ssim'ja]
Ich habe eine Familie.
Âîò ìîÿ æåíà.
[wot maja shyna]
Âîñü ìàÿ æîíêà.
[woss' maja shonka]
Îñü ìîÿ æ³íêà.
[oss' maja shinka]
Das hier ist meine Frau.
Ÿ çîâóò ßíèíà.
[ijo sawut janina]
ßå çâàöü ßí³íà.
[jaje swaz' janina]
Ïï çâàòè ßí³íà
[jiji swaty janina]
Sie heißt Janina.
Ýòî ìîé ñûí.
[eta moj ssyn]
Ãýòà ìîé ñûí.
[heta moj ssyn]
Öå ì³é ñèí.
[ze mij ssyn]
Das ist mein Sohn.
Ýòî ìîÿ äî÷ü.
[eta maja dotsch']
Ãýòà ìàÿ äà÷êà.
[heta maja datschka]
Öå ìîÿ äî÷êà.
[ze moja dotschka]
Das ist meine Tochter.
* Weißrussisches ¢* wird wie englisches w (in wood ) ausgesprochen

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